Hoch oben in der Krone eines uralten Baumes, mitten im geheimnisvollen Deisterwald, erwachte Nennia, die Hüterin der Süntelbuchen. Der Deister war nicht nur ein Wald – er war ein lebendiger Ort voller verwobener Wurzeln und riesiger Bäume, deren Äste sich wie Arme zum Himmel streckten. In diesem Zauberwald, wo die Luft so frisch und süß duftete, wo die Blätter leise Geschichten flüsterten und das Gras geheimnisvoll raschelte, fühlte sich Nennia zuhause.
Hoch oben in der Krone eines uralten Baumes, mitten im geheimnisvollen Deisterwald, erwachte Nennia, die Hüterin der Süntelbuchen. Der Deister war nicht nur ein Wald – er war ein lebendiger Ort voller verwobener Wurzeln und riesiger Bäume, deren Äste sich wie Arme zum Himmel streckten. In diesem Zauberwald, wo die Luft so frisch und süß duftete, wo die Blätter leise Geschichten flüsterten und das Gras geheimnisvoll raschelte, fühlte sich Nennia zuhause.
Der frische Duft von Morgentau lag in der Luft, und die ersten Sonnenstrahlen kämpften sich durch das dichte Blätterdach. Sie tauchten den Wald in ein sanftes, goldenes Licht. Nennia hatte unter dem funkelnden Sternenhimmel geschlafen. Ein leiser Sommerregen hatte sie begleitet und ihre einfache Kleidung aus Pflanzenfasern durchnässt. Aber jetzt, in der warmen Umarmung des anbrechenden Tages, spürte sie, wie ihre Kleider schnell trockneten und wie die frische Energie des Morgens durch ihren Körper strömte. Ihre Haut schimmerte zart wie ein reifer Pfirsich im weichen Morgenlicht, und ihre schulterlangen, dunkelblonden Locken legten sich sanft um ihr Gesicht. Ihre Augen waren so klar und blau wie ein stiller Bergsee im Sommer. Von ihrem Platz hoch oben in den Ästen blickte sie über den ganzen Wald. Wie ein riesiger grüner Teppich breitete er sich aus, bis zu den Hügeln von Bad Nenndorf.

Das Dorf lag wie ein kleiner, glitzernder Schatz inmitten der grünen Landschaft. Die kleinen Fachwerkhäuser mit ihren roten Dächern schmiegten sich an die sanften Hänge, und die Wiesen, auf denen der Morgentau schimmerte, gaben dem Ort etwas Malerisches und Verwunschenes. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie in ihren handgefertigten Ledersack griff, den sie immer bei sich trug. Er war verziert mit kleinen Schnitzereien, die Geschichten aus längst vergangenen Tagen erzählten.
Sie zog einen glänzenden, roten Apfel heraus, der im Sonnenlicht leuchtete. Mit einem zufriedenen Seufzer biss sie hinein. Der Apfel war herrlich knackig und süß, und Nennia genoss jeden Bissen, während sie das Dorf unter ihr beobachtete.Unten im Dorf Bad Nenndorf begann der neue Tag. Türen öffneten sich, Kinder mit bunten Schultaschen liefen lachend durch die Gassen, und ihre fröhlichen Rufe hallten zwischen den alten Häusern wider. Erwachsene traten aus ihren Häusern – manche noch müde, andere schon voller Tatendrang – und machten sich an die Arbeit. Alles begann zu leben, und Nennia spürte, wie ein Kribbeln der Vorfreude in ihr aufstieg.
Aber heute war etwas anders. In den kleinen Gassen und an den Kreuzungen blieben die Menschen stehen und bildet kleine Gruppen. Sie zeigten auf etwas, diskutierten aufgeregt und lebhaft miteinander. Nennia konnte ihre Stimmen von ihrem Baumversteck aus nicht hören, aber sie wusste genau, worüber sie sprachen. Ihr Blick fiel auf die bunten Plakate, die sie in der Nacht zuvor heimlich im Dorf verteilt hatte.
Sie hatte die Plakate an magische Orte gehängt: an die alte, knorrige Eiche auf dem Marktplatz, die schon immer das Herz des Dorfes war, an die Bushaltestelle, wo der Wind die Plakate leicht hin und her bewegte, und an die Laternenpfähle, die nachts das Dorf erleuchteten. Die Plakate strahlten in kräftigen Farben und waren mit zauberhaften Mustern verziert, die fast so aussahen, als würden sie tanzen, wenn man genau hinsah. In der Mitte stand in einer fröhlichen, kindlichen Schrift: „Wir laden dich ein nach Bad Nenndorf!“

Am Marktplatz zog Heinz Krümelmann, der Besitzer des kleinen Kiosks, gerade die Rollläden hoch. Die ersten Sonnenstrahlen glitzerten durch die Äste der alten Eiche und malten weiche Schatten auf das Kopfsteinpflaster.
Nennia mochte es, im Verborgenen zu bleiben, und beobachtete die Menschen gerne aus der Ferne. Es machte ihr Freude zu sehen, wie sie über die bunten Plakate sprachen, neugierig wurden und sich Geschichten ausdachten. Mit einem schelmischen Funkeln in den Augen sprang sie geschickt von Ast zu Ast, bis sie leise auf dem weichen Waldboden landete. Der Wald war ihr Zuhause, und sie kannte ihn besser als jede Straße im Dorf. Lautlos glitt sie zwischen den Bäumen hindurch, um näher an die Dorfbewohner heranzukommen.
„Das hat funktioniert“, flüsterte sie zufrieden und biss noch einmal in ihren süßen Apfel. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie beobachtete, wie die Menschen um die Plakate herumstanden. Sie steckten die Köpfe zusammen, zeigten auf die Plakate und überlegten, wer wohl hinter dieser geheimnisvollen Einladung steckte. Niemand wusste, dass es Nennia war, die alles aus ihrem Versteck heraus genau beobachtete.
Für die meisten Dorfbewohner war Nennia, die Hüterin der Süntelbuchen, nur eine Legende. Man erzählte sich Geschichten über sie am Kamin oder an langen Winterabenden. Kein Erwachsener hatte sie je wirklich gesehen. Aber die Kinder, wie Jasper und Bo, hatten sie manchmal im Wald entdeckt. Dann hatte Nennia dieses schelmische Lächeln auf den Lippen, und ihre Augen funkelten voller Magie.

Nennia spürte aber auch etwas anderes, denn nicht alle Dorfbewohner reagierten mit der erwarteten Neugier und Freude auf die bunten Plakate. Einige schauten sie mit misstrauischen Blicken an, ihre Stirn in Falten gelegt, als wären die leuchtenden Farben und lustigen Muster ihnen zu fremd. Nennia konnte förmlich fühlen, wie bei manchen fast eine kleine Angst aufstieg, ein Misstrauen – eine Angst dnd ein Misstrauen vor dem Unbekannten. Es machte Nennia traurig zu sehen, wie schnell Angst und Misstrauen wachsen konnten. „Auch ihr werdet die Schönheit, Leichtigkeit und die Farben der Gemeinschaft wiederentdecken,“ flüsterte sie leise und schaute hinunter zu den Dorfbewohnern. „Ihr werdet euch wieder an die Gemeinschaft erinnern, an eure Träume und Wünsche. Wir schaffen das – zusammen.“ Nennia liebte dieses Dorf und seine Menschen sehr. Sie kannte sie alle – nicht nur die Erwachsenen, die vor vielen Jahren noch selbst Kinder gewesen waren, sondern auch deren Eltern und Großeltern. Sie hatte Generationen von Dorfbewohnern in Bad Nenndorf begleitet, ohne dass sie es wussten. An viele von ihnen konnte sie sich noch erinnern – wie sie als kleine, wilde Kinder, die voller Leben und Lachen durch die Wälder gestreift waren. Nennia selbst wurde niemals älter. Sie war immer genauso alt wie genau jetzt – und ihr Alter konnte man nicht in Zahlen messen. Deshalb feierte sie auch keinen „richtigen“ Geburtstag, wie die Menschen im Dorf. Stattdessen hatte sie ihren „Nicht-Geburtstag“. Das war ein Fest, das sie feiern konnte, wann immer sie wollte!
Nennias Herz war voller Freude, denn ihr Plan schien zu funktionieren. Die Dorfbewohner hatten ihre Plakate bemerkt, und das bunte Durcheinander der Reaktionen gab ihr das Gefühl von Aufbruch. Sie lächelte still, während sie sich tiefer in den Schatten des Waldes zurückzog.
Der Tag war noch jung, und sie wusste, dass das Dorf und seine Menschen die Reise gerade erst begonnen hatten – eine Reise, die das Dorf und seine Menschen näher zusammenbringen würde. Doch für jetzt machte sie sich unsichtbar und genoss das Durcheinander der Stimmen, den Trubel auf den Straßen und die Ideen und Geschichten, was die Plakate zu bedeuten hatten.
Was denkst du, was mögen Jasper und Bo am liebsten an Nennia?